FWG und SPD machen Finanzpolitik im Blindflug
Insbesondere erstaunt es die Mitglieder der CDU-Fraktion, dass SPD und FWG ihren Antrag nunmehr in einem Hau-Ruck-Verfahren durchbringen wollen, wo man zunächst doch die Kostenschätzung und das Sanierungskonzept abwarten könnte, welche aus einem Auftrag des Haupt- und Finanzausschusses aus Januar 2021 noch ausstehend sind. Die plötzliche Eile der Fraktionen wirkt daher arg vorgeschoben, zumal in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses im Dezember 2022 keine weitere Diskussion geführt wurde, nachdem der Bürgermeister mitteilte, noch kein Konzept bzw. keine konkreten Zahlen vorlegen zu können. Stattdessen scheint es fast so, als würde man sich einer tiefergehenden Diskussion hier bewusst verschließen wollen. Zumal beide Fraktionen das Thema ohne belastbare Fakten bereits in der letzten Sitzung der Gemeindevertretung auf die Tagesordnung gesetzt hatten und nur aufgrund eines berechtigten Einwands der CDU-Fraktion die Entscheidung vertagt wurde. Insbesondere weist die CDU Gründau darauf hin, dass der Antrag - jedenfalls mit dem derzeitigen Kenntnisstand - unter keinen Umständen vernünftig begründet und somit nicht faktenbasiert entschieden werden kann.
Fakt ist zunächst, dass die Kosten für grundhafte Sanierungen von Straßen durch die Gemeinde zu tragen sind. Die Gemeinde hat jedoch nur begrenzte Möglichkeiten, Einnahmen zu generieren, insbesondere durch Steuern und Abgaben. Für grundhafte Sanierungen von Straßen – und nur für solche aufwändigen Maßnahmen – werden bislang auf Basis der Straßenbeitragssatzung von den Eigentümern Beiträge zur Sanierung „ihrer“ Straße erhoben, die zudem nach überörtlicher Bedeutung der jeweiligen Straße abgestuft sind. Immerhin erfahren die Eigentümer dadurch eine Wertsteigerung der eigenen Immobilie, und die Maßnahme wird somit zumindest weitgehend fair auf die Nutzer und Anlieger über Beiträge und Gemeindesteuern verteilt. Im Übrigen hat jeder Beitragspflichtige die Möglichkeit auf Einräumung einer Ratenzahlung für bis zu 20 Jahre.
Daneben bietet der rechtliche Rahmen auch die Möglichkeit, maßnahmenunabhängig wiederkehrende Straßenausbaubeiträge bei allen Grundstückseigentümern zu erheben. Die Gemeinde wird bei hohen Sanierungskosten für Straßen und ohne Beteiligung der Eigentümer die Kosten absehbar nicht mehr ohne Steuererhöhungen stemmen können, wenn auf die Möglichkeiten, Beiträge zu erheben, verzichtet wird. Im Gegensatz zu Grundsteuern sind Straßenbeiträge insbesondere nicht auf etwaige Mieter umlagefähig – so könnte es dazu kommen, dass künftig alle Gründauer Mieter über die Grundsteuer in den Nebenkosten dafür mitbezahlen, dass einzelne Straßen in Gründau saniert werden müssen.
Einen langfristigen Vorschlag für die Gegenfinanzierung macht der gemeinsame Antrag von SPD und FWG jedenfalls nicht, es wird lediglich festgestellt, dass die Kosten von der Allgemeinheit zu finanzieren sind und auf die Rücklagen verwiesen. „Der pauschale Verweis auf die Rücklagen der Gemeinde für die anstehenden Straßensanierungskosten ist viel zu kurz gedacht. Einerseits werden wir in naher Zukunft erheblich auf die Rücklagen zugreifen müssen, um Projekte wie den neuen Feuerwehrstandort Gründau West und den Hochwasserschutz umsetzen zu können, andererseits liegen ja gerade keine Zahlen vor, wie hoch die notwendigen kurz- und mittelfristigen Sanierungskosten der Straßen tatsächlich sind. Es wäre klug, hier zunächst eine belastbare Planung zu erstellen. Der Verweis auf die Rücklagen ist somit nichts weiter als eine Planung ins Blaue hinein, zumal sich im Jahr 2021 alle Fraktionen einig waren, einen festen Betrag als Rücklage aufgrund der stark schwankungsanfälligen Gewerbesteuereinnahmen vorzuhalten“, so Fraktionsvorsitzender Johannes Heger. „Es gäbe erhebliche Möglichkeiten, verschiedene Arten von Beiträgen und deren konkrete Umsetzung anhand konkreter Zahlen zu diskutieren. Diesen verantwortungsvollen faktenbasierten Weg möchten die Fraktionen von SPD und FWG aber offensichtlich nicht gehen.“
Irritiert reagiert die CDU-Fraktion auch auf die Aussagen der FWG in den sozialen Medien: Da bereits „schon seit mindestens 5 Jahren keine grundhafte Erneuerung mehr stattgefunden hat und auch im Jahr 2023 nichts geplant ist“, sei bei einer Abschaffung auch keine Erhöhung der Grundsteuer zu erwarten. Wo angesichts der lange ausgebliebenen Investitionen die Gefahr eines eklatanten „Investitionsstaus“ fast greifbar ist, ignoriert die FWG dies, obwohl auch seitens der Aufarbeitung des derzeitigen Status der Trinkwasserversorgung angemahnt wurde, dass wesentlich mehr Straßenzüge im Jahr saniert werden müssten, als dies bisher der Fall ist. Ergänzt wird die Begründung der FWG letztlich mit dem Argument, dass „es im Haushalt der Gemeinde viele andere Gebühren gibt, die auch nicht kostendeckend sind, z.B. Kindergärten, Trinkwasser, Dorfgemeinschaftshäuser usw.“. Inwiefern eine Defizitfinanzierung in anderen Bereichen eine vollständige Defizitfinanzierung in einem weiteren Bereich begründen könnte, erschließt sich jedenfalls nicht.
Dabei passt es auch ins Bild, dass der Antrag, obgleich er offensichtlich Auswirkungen auf den Haushalt hat, nicht im Haupt- und Finanzausschuss der Gemeinde Gründau, in welchem die SPD den Vorsitz innehat, beraten werden soll und nicht auf dessen Tagesordnung steht. Man kann sich des Eindrucks nicht verschließen, dass die Fraktionen hier keine wirkliche Diskussion des Themas wünschen und versuchen, diese zu umgehen.
Der CDU Gründau geht es hier ganz Wesentlich um nachhaltige und solide Finanzpolitik. Jedoch ist es derzeit schlicht nicht abzusehen, welche finanziellen Folgen ein Beschluss im Sinne des Antrags der Kooperationsfraktionen hätte. Entscheidungen in der Gemeindevertretung sollten zum Wohle der Gemeinde erfolgen und dabei sorgfältig vorbereitet sein. All dies lässt das Vorgehen der SPD- und FWG-Fraktionen jedoch vermissen. „Die Gemeindevertretung soll hier über einen erheblichen Haushaltsposten - mutmaßlich in Millionenhöhe - abstimmen, ohne auch nur ungefähre Kenntnisse der zukünftigen Kosten und der geplanten Finanzierung zu haben. Das ist schlicht verantwortungslos“ ergänzt CDU-Vorsitzender Markus Kern abschließend.